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Rechtsstaat and Rechtsstaatlichkeit in Germany

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Refering to a 200-year-tradition, Rechtsstaat (the law-based-state) and Rechtsstaatlichkeit (the German variant of the rule of law) are core principles of German constitutional thought. Together with the principles of democracy, of the republican, federalist and social welfare state and the indispensable guarantee of the human dignity. From a more substantive understanding, the Rechtsstaat expresses democratic concerns and the respect to individual human freedom and equality and thus the commitment to a just order, whereas from a more formal understanding it is used to describe the type of state architecture and political and social order system in which all publicly applied power is created by the law and is obliged to its regulations and underlies numerous fragmentations of power and control mechanisms („Bindung und Kontrolle"). Rechtsstaatlichkeit in this sense is a collective term for numerous (sub-)principles that allow the taming of politics by the law and shall avoid arbitrariness. Until today, the totalitarian unlawful regime established in Germany1933-45 serves as an anti-model. In comparison, the German discourse on the rule of law is strongly characterized by the self-certainty of a role model Rechtsstaat formed by the Grundgesetz. The integration of the German state into transnational Verbuende will always require an adequate approach to the law-base exercise of power.

I. The principle of Rechtsstaatlichkeit under the Grundgesetz

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Originally, the _Grundgesetz_ related to the _Rechtsstaat_ only in Art. 28 GG where it regulated that the constitutional order within the _Bundesländer_ have to \[entsprechen\] the principles of the republican, democratic and social _Rechtsstaat_. A similar homogeneity rule points to the international level. The 1992 included Art. 23 Abs. 1 S. 1 GG regulates that, in order to support the realization of a European Union, the Federal Republic of Germany participates in the development of the European Union that is verpflichtet to democratic, rule of law, sozial and federal principles and the principle of subsidiarity and provides Human Rights protection equal to this _Grundgesetz_." Since 2000, Art. 16 II 2 of the _Grundgesetz_ further allows, on the basis of a law, the extradition of a German citizen to a member state of the European Union or to an international Court  as long as the principles of the rule of law are preserved.

The Grundgesetz expresses rule of law principles in the rules on the state architecture and the structures of constitutional bodies and the Human Rights guarantees that comprise requirements for the organisation and procedure of the state. Art. 20 GG names several rule of law principles, but the rule of law principle (vgl. BVerfG E 30, 1, 24f.): in par. 2 the principle of the separation of powers and in par. 3 the principle of the obligation of the legislation to the constitutional order, and of the executive and the judiciary to the law and justice ("Gesetz und Recht"). The predominance of the constitution and the law are based here upon and shape the legal order by the vertical hierarchy of norms. Rechtsstaatlichkeit in the German understanding also encompasses the unlawfulness of retroactive liabilities, the principle of proportionality, to dissolve conflicts between legal certainty and justice individually in hardship cases, and the principle of complete and effective judicial review in cases with relevance to individual freedom and property rights (Art. 19 IV GG; see BVerfG 1968: 21 (E 30, 1, 21)). As a constitutional principle Rechtsstaatlichkeit compasses a multiplicity of principles that are shaped by the Grundgesetz. Katharina Sobota (1997) counts 142 (!). Further particular normative meanings of the principle of the rule of law are not generally approved.

Zur Rationalisierung von Herrschaft verfolgt Rechtsstaatlichkeit im deutschen Sinne der besonderen Teleologie, Staatlichkeit gleichzeitig rechtlich zu gestalten, zu binden und zu begrenzen (Schulze-Fielitz 2006: Rn. 38). Unter dem Eindruck Immanuel Kants und Wilhelm von Humboldts formulierte die bürgerliche Staatsrechtslehre zu Beginn des 19. Jahrhunderts ein vernunftrechtlich inspiriertes Rechtsstaatsprogramm, das liberale Inhalte gegen die monarchisch-absolutistische Staatskonzeption („gute policey") institutionalisierte (vgl. Martini 2009: ...). Rechtspraktisch ließ sich Rechtsstaatlichkeit den Vorbehalt des Gesetzes bei Eingriffen in Freiheit und Eigentum, die Gesetzmäßigkeit der Verwaltung und die Absicherung dieser Institute durch eine gesonderte Verwaltungs­gerichtsbarkeit herunter brechen, was zur Formalisierung des Begriffs führte. Nicht zuletzt der juris­tische Positivismus um 1900 trug dazu bei, inhaltliche und somit politisch kontroverse Maßstäbe aus der Rechts­staats­konzeption auszuklammern (vgl. Martini 2009: ...). In radikaler Konse­quenz dieser Strömung setzte am Beginn des 20. Jahrhunderts die Reine Rechtslehre Hans Kelsens Staat und Recht in eins: der Staat war nur noch „Rechts-Staat".

Auf der Grundlage des Grundgesetzes bildete sich in der Bundesrepublik ein materiales Rechtsstaatsverständnis heraus, das gegen den formalen Rechtspositivismus gerichtet war, wie er die Weimarer Verfassungsdiskussionen geprägt hatte (Böckenförde 1992: Sp. 332 ff., 338f.?). Materieller Kern ist der Anschluss an eine Kultur von universell Geltung beanspruchenden Menschenrechten, der ergänzt wird um ein historisch gewachsenes Verständnis von sozialer Gerechtigkeit. Dieser Rechtsstaat ist als ein ganzheitlicher Gegenentwurf zum Gesellschafts- und Staatsverständnis des Nationalsozialismus und seines werthaltigen Rechts zu verstehen. Gerade mit der rechtlichen Dogmatik des Verhältnismäßigkeitsprinzips wird das Handeln von Gesetzgebung und Verwaltung inhaltlich am Maßstab der Menschenrechte überprüfbar.

II. Obligation to the law and judicial control

This has lead to a strict concept of obligation to the law and control:

(1) Für Handlungen der Exekutive bedeutet das, dass es jedenfalls dann, wenn Grundrechte der Bürger berührt werden, eine ausdrücklichen Rechtsgrundlage bedarf, die zugleich die Grenze der Handlungsbefugnis bestimmt. Je größer die Eingriffsintensität ist, desto konkreter muss die Rechtsgrundlage bereits vom Gesetzgeber selbst ausgestaltet sein, um dem Eingriff die erforderliche demokratische Legitimation und rechtsstaatliche Angemessenheit zu verleihen. Bsp. BVerfG zu Eingriffen in das RiS (Rasterfahndung?). Und es gebietet umfassende Kontrollmöglichkeiten (s. u. 3).

(2) Concept and Generation of the Law. Etatistischer Rechtsbegriff und Rechtsordnung als strenger Stufenbau. Wesentliche Regelungen hat der Gesetzgeber selbst zu treffen. Kompetenzverteilung zwischen Bundes- und Landesparlamenten. Untergesetzliche Normen, soweit ausdrücklich zugelassen (VOen, Satzungen). Ausblendung nicht-rechtlicher Normen als Rechtmäßigkeitsmaßstab. Vielmehr Akzeptanz nur im Rahmen der geschriebenen Rechtsordnung, soweit keine Kollisionen. Nur ausnahmsweise staatliche Anerkennung anderer Normensystem bspw. im rahmen von Art. 4 oder beim Expertenrecht oder im Rahmen der privatautonomen Vertragsgestaltung.

(3) For the German understanding of Rechtsstaatlichkeita high judicial gerichtliche Kontrolldichte is specific. Kontrolle der öffentlichen Gewalt by an independant judiciary, gewährleistet durch die Unabhängigkeit des einzelnen Richters (Art. 97 GG), verschiedene Rechtswege und Instanzenzüge zur gerichtlichen Selbstkontrolle. Prozessrecht als selbständige Rechtsmaterie. Grundrechtliche Absicherung des effektiven Rechtsschutzes bei öff. Gewalt in Art. 19 IVGG und Prozessgrundrechte in Art. 101 ff. GG. Allerdings erfordert die im Rahmen von 19 IV und dem Justizgewährleistungsanspruchs geforderte Rechtskontrolle nicht zwingend die gerichtliche Kontrolle, wie die anerkannte Ausnahme bei der Kontrolle von Geheimdiensthandeln zeigt, wo eine parlamentarische Kontrolle die gerichtliche ersetzt (BVerfgE 30, 1, 21 ff.). Und im Rahmen der privatautonomen Bestimmung von Rechtsschutz- und Schiedsstellen.

Die Kontrolle des Gesetzgebers erfolgt durch die Verfassungsgerichtsbarkeit. Die Bindung an die Verfassung (Art. 20 Abs. 3 GG) und vor allem an die Grundrechte wird vom Bundesver­fassungsgerichts (Art. 92 ff. GG) kontrolliert. Nicht zuletzt das Institut der Verfassungsbeschwerde (Art. 93 Abs. 1 Nr. 4a GG) verleiht dieser Kontrolle Dynamik, seine Gesetzesverwerfungskompetenz (§ 31 BVerfGG) verleiht ihr Durchsetzungskraft. Die Durchsetzung des umfassenden Verfassungsvorrangs ist als „Konstitutionalisierung der Rechtsordnung" rekonstruiert worden (Schuppert/ Bumke 2000). Die Verfassungsbindung des Parlaments und die starke Stellung des Bundesverfassungsgerichts sind keinesfalls unumstritten, führen sie doch letztlich zu einem Übergewicht des Rechtsstaats gegenüber der Demokratie. Das Rechtsstaatsprinzip beschränkt den Handlungsspielraum des Staates und auch des Parlaments (Martini 2009: ...).

III. Rechtsstaatlichkeit and the democratic principle

Das demokratische Prinzip ist gleich in mehrfacher Hinsicht rechtsstaatlich diszipliniert: 1) Die sich aus dem Demokratieprinzip ergebenden Anforderungen (Art. 20 II GG) werden über einen formalen Begriff demokratischer Legitimation verfassungsrechtlich gewendet und so zu einem Thema der Rule of law. 2) Über die Grundrechtsgarantien des GG werden individuelle Freiheiten zu Rechtspositionen mit Verfassungsrang und gerichtlich durchsetzbar und damit zur Frage der nicht auf demokratischem Wege hintergehbaren Recht- und Verfassungsmäßigkeit (insbes. Verhältnismäßigkeit), 3) Aufgrund seiner im internationalen Vergleich weitreichenden Kompetenzen (Brodocz 2003: 255f.) kann das Bundesverfassungsgericht gesellschaftlichen Auseinandersetzungen nicht selten den verfassungsrechtlichen Schlusspunkt hinzufügen und die demokratische Debatten ex cathedra beenden und die politischen Lagern dabei gleichwohl integrieren. 4) Wehrhafte oder streitbare Demokratie im Sinne von staatlichen Instrumenten zur Unterbrechung des Diskurses und zum Erhalt der freiheitlichen demokratischen Grundordnung (Art. 79 Abs. 3 GG, 33 V, 9 II, 21 II, 18 GG.).

IV. Formal or substantive conceptions of Rechtsstaatlichkeit?

Offen ist die Frage, inwieweit das deutsche Verständnis der Rule of Law über die formalen Anforderungen einer rechtlichen Bindung und der Rechtskontrolle hinaus noch weitere materielle Elemente umfasst, i.e. thicker or thinner conception of the rule of law. Die Beantwortung dieser Frage hängt mit der Verwendung des Begriffs im Zusammenspiel mit anderen Strukturprinzipien der Verfassungsstaatlichkeit zusammen, insbesondere der Garantie der menschenrechte und dem Demokratieprinzip. Reduziert man diese Prinzipien alle auf ihren Bedeutungskern, um Überschneidungen zu vermeiden, dann zählt zur formellen Seite des Rechtsstaats zählen die Rechtstechnik staatlichen Handelns (das Wie) - also Gesetzmäßigkeit, Staatsstruktur­anforderungen, Rechtsschutz­ressourcen und Staatshaf­tung, während die das staatliche Handeln anleitenden Rechtsinhalte (das Was) anderweitig verortet sind (Schmidt-Aßmann, Rn 18f.; Martini 2009: ...). Verwendet man den Rechtsstaatsbegriff dagegen gehaltvoller, ohne Form und Inhalt voneinander zu trennen, dann ist über den Ausgleich gegenläufiger Freiheitsinteressen hinaus auch die Gewährleistung der Verhältnisse und der Wertordnung von ihm umfasst, die die Voraussetzungen für die Verwirklichung des Rechts und insbesondere die Inanspruchnahme der Grundrechte sind (vgl. Kunig 2001: 434). Allerdings ist der normative Gehalt des Rechtsstaatsprinzips als Verfassungsprinzip, wie es als Maßstab der Verfassungsgerichtsbarkeit dient, auf die ausdrücklichen Gehalte des Grundgesetzes reduziert. Einerseits wird die Frage nach den Inhalten dadurch zu einer verfassungspolitischen, andererseits gehen dadurch auch bei einem formellen Verständnis des Rechtsstaatsprinzips keine Inhalte verloren, soweit die anderweitig in der Verfassung oder in der einfachen Rechtsordnung verbrieft sind. Aus diesem Grunde ist parallel zur Ausdifferenzierung der Wertordnung des Grundgesetzes durch die Gerichte in der einfachen Rechtsordnung von einer Reformalisierung des Rechtsstaatsbegriffs gesprochen worden, weil dieser zunehmend wieder auf die Anerkennung der Positivität des gesetzten Rechts beschränkt worden ist (Grimm 1980: 704.).

V. Conditions of Rechtsstaatlichkeit

Terminologically, the principle of Rechtsstaatlichkeit, according to the German Grundgesetz, can be differed from human rights guarantee and from the democratic principle. However, the parallel historical development of these conceptions will always determine each others meanings, and they can only unfold completely embedded in a context that encompasses the whole canon. Even if the liberal and secular state may feed upon preconditions that it could not guarantee by itself, as Böckenförde (1969) pointed out, it may intend to preserve its moral and political grounds by adequate institutional and legal structures. In order to preserve the social preconditions of Rechtsstaatlichkeit, the Grundgesetz not only contains the principle of the social welfare state as a binding constitutional objective, but it also allows public school supervision (Art. 7 GG), it ensures free information by broadcast and press (Art. 5 I) , and it protects religiously guided conveying of values and meaning in an individual and a collective dimension (Art. 4 GG). Rechtsstaatlichkeit in the sense of a German understanding of the rule of law will always be bound to the context of the democratic and social constitutional state.

Bibliography and Further Readings

Ernst-Wolfgang Böckenförde (1969): Entstehung und Wandel des Rechtsstaatsbegriffs (1969), in: Recht, Staat, Freiheit, 1991, 143 -....

Ernst-Wolfgang Böckenförde (1992): Rechtsstaat, in: Ritter/Gründer (Hrsg.), Hist. Wörterbuch der Philosophie, Bd. 8, Sp. 332-....

Dieter Grimm (1980): Reformalisierung des Rechtsstaates als Demokratiepostulat?, JuS 1980, 704-...

Philipp Kunig (2001): Der Rechtsstaat, in: Festschrift Bundesverfassungsgericht, 421-...

Stefan Martini (2009): Die Pluralität von Rule-of-Law-Konzeptionen in Europa und das Prinzip einer europäischen Rule of Law, in: Matthias Kötter/ Gunnar Folke Schuppert, Normative Pluralität ordnen, 303-344

Eberhard Schmidt-Aßmann (...): § 26 Rechtsstaat, in: Handbuch des Staatsrechts ...

Helmuth Schulze-Fielitz (2006): Art. 20 (Rechtsstaat), in: Horst Dreier (Ed.), Grundgesetz, 2. ed. 2006

Gunnar Folke Schuppert/ Christian Bumke (2000): Die Konstitutionalisierung der Rechtsordnung

Katharina Sobota (1997): Das Prinzip Rechtsstaat

Michael Stolleis, Rechtsstaat, in: Adalbert Erler/ Ekkehard Kaufmann (Ed.), Handwörterbuch der Rechtsgeschichte, Bd. IV, 1990, Sp. 367 ff.