Bei der canzone handelt es sich um eine metrische Form provenzalischen Ursprungs, die aus mehreren metrisch gleich gebauten stanzeund aus einem abschließenden congedo congedobesteht.
Anker
Canzone
Canzone
...
Cloak
id
Aufbau
Die Kanzone besteht aus einer freien Anzahl an Strophen (stanze), meist sind es zwischen 5-10 stanze, es können aber auch mehr oder weniger sein und einer freien Anzahl an (versi), gewöhnlich 13 bis 18, wobei Dante 14 und Petrarca 13 Verse bevorzugt. Die stanze haben dieselbe Struktur, d. h. dieselbe Anzahl an Versen, die bestimmten Versmaßen entsprechen und immer dasselbe Reimschema haben. Die stanza lässt sich in zwei Teile gliedern: infronte(Aufgesang) undsirma(auch sirima, deutsch: Abgesang).
Die fronte lässt sich einteilen in piedi(Stollen). Gewöhnlich sind es 2, seltener 3 piedi. Diese können verschiedene Anzahl an Versen beinhalten, die häufigste Anzahl sind 3-4 Verse, es gibt jedoch auch piedi mit 2-6 Versen. Die Anzahl und die Länge der Verse sind in den piedi gleich (das Reimschema dagegen muss nicht gleich sein): zwei piedi sollten somit diesselbeformula sillabica haben. Die fronte kann jedoch auch unaufgeteilt bleiben (fronteindivisa).
Die sirma kann ebenfalls sowohl unaufgeteilt bleiben (sirmaindivisa) sowie zweigeteilt werden in volte. Genau wie bei den piedi sind auch die volte in ihrem Versmaß und der Struktur identisch und können aus 2-6 Versen bestehen. Piedi und volte müssen gleich gebaut sein, die Versart muss in gleicher Zahl und Reihenfolge auftreten.
Als Verbindung zwischen piedi und volte kann ein Vers dienen (chiave,versochiave) von Dante auch concatenatio genannt. Dieser reimt sich auf den letzten Vers der fronte (den letzten Reim des zweiten / letzten piede) und hat die Funktion, fronte und sirma zu verbinden.
Ein weiterer durch Dante theoretisch formulierter Hinweis zur Reim- und Strophenstruktur der Kanzone, der im Folgenden ziemlich oft Gebrauch findet, ist die sogenannte combinatio, und zwar ein Paarreim (rimabaciata) am Strophenschluss.
Abschließender Bestandteil der Kanzone nach Dante ist der häufig vorzufindendecongedooder commiato (deutsch: Geleit). Der congedo kann sowohl die ganze letzte stanza, aber auch nur die sirma oder nur der Schlussteil der sirma sein. Von der Struktur her verhält er sich meist wie die sirma, er kann aber auch eine eigene autonome Form aufweisen (congedoirrazionale).
Die von Petrarca für die Kanzone festgelegten Versmaße sind der endecasillabo (Elfsilbler) und der settenario (Siebensilbler). Von Dante wurde der Elfsilbler bevorzugt (er verwendet jedoch auch den settenario und den quinario); im Duecento finden es sich dagegen auch Kanzonen die ein anderes Versmaß haben (z.B. Quinario, ottonario, decasillabo) oder zwei und mehr Versmaße enthalten (canzoni eterometriche). In der italienischen Tradition (z. B. bei Petrarca) begegnet man häufig einer regelmäßigen Kombination von endecasillabi und settenari.
Besondere Phänomene zwischen stanzeBesondere Phänomene
Besondere Phänomene zwischen stanzeCoblas
Phänomene, die aus der provenzalischen Dichtung stammen und v.a. in der canzone des Duecento auftreten:
coblas capfinidas: ein Wort oder ein Ausdruck des letzten Verses einer stanza wird im ersten Vers der darauffolgenden stanza wiederaufgenommen
coblas capcaudadas: der erste Vers einer stanza reimt sich auf die letzte Zeile der der vorherigen stanza
coblas capdenals: alle Strophen beginnen mit demselben Wort
coblas unissonans: die Reime der ersten stanza treten, in der gleichen Reihenfolge, in allen darauffolgenden stanze auf
coblas estrampas: es gibt keinen Reim innerhalb einer stanza, stattdessen reimt sich der erste Vers der ersten stanza mit jedem ersten Vers der darauffolgenden stanze (gilt für alle Verse)
coblas doblas: jede zweite stanza weist den gleichen Reim auf
coblas singulars: das Reimschema bleibt in allen stanze gleich, nur der einzelne Reim ändert sich von stanza zu stanza (häufiger Fall)
Toggle Cloak
id
Beispiele
Beispiel
...
Cloak
id
Beispiele
Francesco Petrarca, Chiare, fresche et dolci acque, Rerum vulgarium fragmenta CXXVI
20px
5
10
15
20
25
30
35
40
45
50
55
60
65
300px300px
Chiare, fresche et dolci acque, ove le belle membra pose colei che sola a me par donna; gentil ramo ove piacque (con sospir’ mi rimembra) a lei di fare al bel fiancho colonna; herba et fior’ che la gonna leggiadra ricoverse co l’angelico seno; aere sacro, sereno, ove Amor co’ begli occhi il cor m’aperse: date udïenza insieme a le dolenti mie parole extreme.
S’egli è pur mio destino, e ’l cielo in ciò s’adopra, ch’Amor quest’occhi lagrimando chiuda, qualche gratia il meschino corpo fra voi ricopra, et torni l’alma al proprio albergo ignuda. La morte fia men cruda se questa spene porto a quel dubbioso passo; ché lo spirito lasso non poria mai in più riposato porto né in più tranquilla fossa fuggir la carne travagliata et l’ossa.
Tempo verrà anchor forse ch’a l’usato soggiorno torni la fera bella et mansüeta, et là ’v’ella mi scorse nel benedetto giorno, volga la vista disïosa et lieta, cercandomi; et, o pieta!, già terra in fra le pietre vedendo, Amor l’inspiri in guisa che sospiri sí dolcemente che mercé m’impetre, et faccia forza al cielo, asciugandosi gli occhi col bel velo.
Da’ be’ rami scendea (dolce ne la memoria) una pioggia di fior’ sovra ’l suo grembo; et ella si sedea humile in tanta gloria, coverta già de l’amoroso nembo. Qual fior cadea sul lembo, qual su le treccie bionde, ch’oro forbito et perle eran quel dì, a vederle; qual si posava in terra, et qual su l’onde; qual, con un vago errore girando, parea dir: Qui regna Amore.
Quante volte diss’io allor pien di spavento: Costei per fermo nacque in paradiso. Così carco d’oblio il divin portamento e ’l volto e le parole e ’l dolce riso m’aveano, et sì diviso da l’imagine vera, ch’i’ dicea sospirando: Qui come venn’io, o quando?; credendo esser in ciel, non là dov’era. Da indi in qua mi piace questa herba sì, ch’altrove non ò pace.
Se tu avessi ornamenti quant’ài voglia, poresti arditamente uscir del boscho et gir in fra la gente.
30px
a b C a b C c d e e D f F
Fronte: primo piede
Secondo piede
Concatenatio: Beginn der sirma
dashed
FRANCESCO PETRARCA: Canzoniere. Hg. von Marco Santagata, Milano: Mondadori, 1996, S. 190-193.