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Workshop 1a: Ethisch - transparent - offen: Die CARE-Prinzipien und ihre Implikationen für geisteswissenschaftliche FDM-Services (Notizen von Cosima)

Zeit:
Montag, 07.03.2022: 14:00 - 18:00

Organisator*innen: Katrin Moeller, Sibylle Söring, Sabine Imeri, Marina Lemaire, Nils Reichert

Concept Board: https://app.conceptboard.com/board/cgc0-s06z-r3rp-t4oe-cemg

Ziel Workshop: Aus der Praxis Bsp. erfassen, welche Fragestellungen treiben uns um? Langfristig: use-cases sammeln (Personen-sensible Daten etc.) hierzu FOrmular zum melden: https://www.esciences.uni-trier.de/fallbeispielen-care-ethik/ 

Vortrag Sabine Imeri: Einführung in die CARE Prinzipien

  • Kooperation mit Qualiservice
  • CARE nicht ohne weiteres übertragen auf Anderes als indigenous data zu verwenden
  • als IMpuls nutzen, um sich über Bedeutung von CARE zu verständigen
    • Was haben wir davon, was können wir davon lernen?

→ gemeinsame Richtlinie erarbeiten, wie man ethisch mit FD in den Geisteswissenschaften umgehen kann.

  • CARE ist als komplement zu FAIR gedacht, setzt FAIRe Daten voraus. Geht aber dezidiert um indigene Daten, Daten die sich auf indigene Gemeinschaften "auswirken"...
  • Deutsche Übersetzung der CARE Principles: https://zenodo.org/record/5995059#.YiYHhd_MI2w
  • CARE 2019 publiziert, kommt gerade erst in Debatte und Umsetzung
  • CARE wird wesentlich von Wissenschaftler*innen und Aktivist*innen getragen, die aus indigenen Gemeinschaften kommen.
  • Zugang indigener GEmeinschaften zu Daten kann sehr begrenzt sein, Frage von Repräsentation, welche Daten werden mit welchem Zweck erhoben...

  • Beteiligung indigener Communities grundlegend
  • Welche SChritte können Einrichtungen gehen um angemessen damit umzugehen?
    • Beispiel "Traditional Knowledge Labels"
    • Intiative "Local Context"

  • Stichwort: Lokale Repatriierung, Traditional Knowledge Labels der Library of Congress als Beispiel→ aufwändig, benötigt langfristiges Engagement
  • SI will CARE nicht parallel mit FAIR verwenden, auch wenn das Interesse weit über indigene Daten heraus geht.
    • Die Urheber von CARE befürchten, dass sonst Ihr Anliegen verwässert wird...
    • Was angesprochen wird ist wichtig, wir müssen uns damit systematisch auseinandersetzen.

Was nehmen wir von CARE mit?

  • CARE weitet auf positive Nutzung von Daten für "Beforschte" aus
  • Wir reden hier über kollektive Gruppen, nicht so sehr Individuen, wie bei Datenschutz
  • Machtasymmetrien beim Zugang zu Daten ausbalancieren

Formulierung allgemein gültiger Leitlinien für FDM wünschenswert, aber reicht nicht aus, wenn konkrete Fälle in den Blick kommen.

Das konkrete Abarbeiten von "Check-Boxen" für Leitlinien wird nicht ausreichen... Geht auch um Verständnis, dass dies eine laufende Aufgabe im gesamten Forschungsprozess ist. Immer wieder neu verhandeln, was zum Teil erst während des Forschungsprozesses auftaucht. Was heute festegelegt wurde, entspricht in 20 Jahren vielleicht nicht mehr der Konvention...

Von Katharina Hering an alle 02:47 PM
Ergaenzend zu Sabine Imeri's Vortrag auch dieser Link zu der Mukurtu Plattform, die ein wichtiges Instrument ist, um das digitale Erbe von indigenen Communities zu verwalten. Mukurtu wird inzwischen auch von anderen Communities genutzt, deren digitales Erbe ethisch und autonom verwaltet werden soll, z.B. LGBTQI* Communities:   https://mukurtu.org/

Wird auch schon über Mukurtu hinaus genutzt.

Es geht darum anderen Sichten auf die Welt raumzugeben.

Problem: "Indigene" als Bezeichnung sehr anglophones Verständnis... Beispiel Menschen in Nigeria... Gibt noch viele andere postkoloniale Kontexte, die man im konkreten Fall anschauen muss.

CARE ist Interessen-geleitetes Konzept, es geht um Aushandlung von unterschiedlichen Interessen. IMmer zentraler Punkt bei FOrschungs-Ethik! Wer verfolgt welche Interessen?

Punkt "Daten-Souveränität" auch hierzulande in der Diskussion: dürfen im Rahmen der digitalen Stadt Kommunen Rechte haben an Daten?


Fallbeispiel 1: Bericht aus der Forschung von Kathrin Pfeiffer, Henning Schreiber Asien-Afrika Institut, Oral History Archiv in Gambia als FDM Bsp.

Gambia kleinstes Land in Afrika, 2,5 Mio Einwohner*innen

NCAC Archiv: 5000 Tonbandaufnahmen, 1200 Transkriptionen von Audioaufnahmen, 80% in Madinka

Tonbänder wurden in Hamburg und Gambia digitalisiert, Manuskripte wurden abgetippt

Vor den Digitalisierungsarbeiten musste Re-Organisation von kooperierendem afrikanischem Archiv in  Bezug auf Katalogisierung geschehen

Institut Hamburg trat als dienstleistender Partner auf

  • Gedanke von "self-care": das Archiv in Gambia verpflichtet Forschende, Kopie ihrer Daten, die sie in der Forschung im Archiv/aufbauend auf den Daten im Archiv, zur Verfügung zu stellen


Fallbeispiel 2: Verena Nägel Oral History als audio-visuelle Interviewdaten

Themenfeld: NS/ Holocaust, aber auch Colonia Dignidad, DDR Geschichte, aktuell DFG Projekt Erstellung Plattform Audiovisuelle Daten

Widerspruch von Anonymisierung aus Gründen des Schutzes der Personen aber auch dem Bedürfnis der Befragten, Selbstzeugnis ablegen zu wollen...

Gefahr Missbrauch der audiovisuellen Daten: aktuelles Beispiel Durchsuchung von "Memorial" in Moskau, Beschlagnahmung Materialien aus gemeinsamem Projekt...

→bei aktuellen Problemen, solche Interviews NICHT ins Internet stellen (Bsp. Interviewprojekt zu Syrien, Menschen ihre Geschichte erzählen lassen). Solche Projekte kann man nicht so veröffentlichen, müssen in geschütztem Raum sein. Metadaten publizieren ok, aber nicht Interviews selbst.

Beispiel CARE Anwendung: für Holocaust Überlebende nicht anwendbar, sprechen ja nicht aus "einer" Stimme... Sind individuelle Fälle.

Von Doris an alle 04:06 PM
https://www.cedis.fu-berlin.de/services/e-research/digitale-interviewsammlungen/index.html
https://www.fu-berlin.de/sites/erlebte-geschichte/interviews/einverstaendnis/index.html

https://www.oralhistory.org/
https://www.oralhistory.org/oha-statement-on-ethics/


Fallbeispiel 3: THomas Henne → Rechtsgeschichte, Archivrecht, Geschcihte Antisemitismus in der Justiz- und Rechtswissenschaft (war auch mal in Japan)

Forschugnsdaten-Recht: gibt es noch gar nicht als Rechtsgebiet mit Expert*innen/Professuren

FD Recht muss nicht bei Null beginnen, denn Archivrecht hat seit Jahren gute Lösungen gefunden, die sich auf FDM übertragen lassen.

Archive sind FD Zentren!

Archiv-Recht 1983 refomiert, Datenschutz sollte etabliert werden

Self-care für Datenkurator*innen: bisher gibt es dafür keine Überprüfung...

Was kann Archivrecht bieten:

  • Grundkonflikt Wissenschaftsfreieheit versus Recht informationelle Selbstbestimmung → Spannungsfeld das Kernfeld auf die Archivrecht Antwort geben kann.
    • in D immer Individualrecht (im Gegensatz zu kollektiven Rechten im US-amerik. Recht)
    • Personenbezogene Daten: Schutz der Grundrechte Staat ist verantwortlich
    • Grundrecht auf Wisenschaftsfreiheit ist nicht auf Gemeinwohl bezogen, sondern Strafrecht
      • aus politischen Gründen nicht erwünscht: rechtswidrig
    • Personen, um deren Daten es geht, sind geschützt, Recht zur Datensouveränität
    • Ist genuin staatliche Aufgabe, Abwägung zwischen Forschenden und denen, die Recht auf informationelle Selbstbestimmung haben zu regeln
    • Recht schützt die strukturell Schwächeren
    • Meine Daten gehören mir: unterstreicht Recht nicht
    • Abgabe FD an Stelle die Daten verwahrt, → Problem kann da entstehen
    • ERschließung FD ist Eingriff in informationelle Selbstbestimmung (bsp. FD LOC Traditional Knwoledge Label)
    • Auch Verwahren der Daten ist EIngriftt+Zugangsgewährung!
    • geht nur mit Zustimmung der Betroffenen (muss nicht per Unterschrift erfolgen), aber Beweislast liegt bei Datenerheber, aber auch andere Form des Nachweises ok (Zb ärztliche Einwilligung)
    • Brauchen wir Gesetz um dual use von FD zu verhindern? Zersplitterte Lage nicht so sinnvoll... Gesetz schafft Klarheit und Diskursraum (man weiss woran man sich orientieren kann). Aber die Rechtslandschaft wird dadurch nochmerh zersplittert... Grundgesetz ist wichtigster Referenzrahmen.
    • Datenschutzgrundverordnung hat Definition, was Daten sind, klar gemacht/geschärft. DSGVO ist vor alle Stärkung dessen, was schon da war.
    • Inwiefern haben die Stasi-Unterlagen das Archivrecht verändert?

      • Stasiunterlagen werden Forschungsdaten, Archivrecht ist darauf anwendbar. Ein Teil aus der Bürgerrechtsbewegung sehen das anders...


Abschlussdiskussion

Bibliotheken und Archive bekommen oft gar nicht die Macht zu entscheiden, man schaut immer zu den Juristen? Wie kann man Bibliotheken und Archive empowern, um Richtlinien zu entwickeln?

Es ist problematisch, wenn die, die die Daten besitzen, entscheiden, was ein "sinnvoller" Nutzung der Daten ist. Sollen nur schauen, ob es Grenzen gibt (auch wenn sie den Zweck für "sinnlos" halten). Es ist nicht Aufgabe von staatlicher Stelle zu entscheiden, was ertragreiche Forschung ist (Herr Henne).

Mit Blick auf die Frage, was stellen wir ins Netz, müssen Einrichtungen Position erarbeiten. Ist anders, als wenn man persönlich ins Archiv kommt und unterschreiben muß, was man mit den Daten macht... Unterschied "ins Netz pusten"... Es muss Einordnung geben (Imeri).

Von Nils Reichert (HLA) an alle 05:30 PM
@Maret Nieländer hier Informationen vom BSI zum Thema Prüfsummencheck zur Gewährleistung von Datenintegrität: https://www.bsi.bund.de/DE/Themen/Verbraucherinnen-und-Verbraucher/Informationen-und-Empfehlungen/Cyber-Sicherheitsempfehlungen/Virenschutz-Firewall/Pruefsummencheck/pruefsummencheck_node.html

Wie kann man die HErkunftsgesellschaften stärker einbinden? Gibt es use cases im deutschsprachigen Raum für Traditional Knowledge Labes? Wie gestalte ich den Prozess?

Imeri: Aus deutschem Kontext keine Beispiele bekannt. Aber im ethnologischen Fächern gerade viel im Gespräch...

  • Wir stehen alle in der Zeit heute. Bsp Bamian buddh. Statuen gesprengt, dem kann man sich nicht entziehen... Darauf müssen wir reagieren können. Auch Infrastrukturen müssen so gebaut werden, dass wir sie kurzfristig schließen können, wenn es nötig ist.
  • (Möller) Wichtiger Punkt: Repositorien können ANwendung Archivrecht heute gar nicht (Embargofristen)

Teilhabe bei Datengebenden stärken (Sibylle), wie kann man das machen? Bsp. für Projekte, in denen der Aspekt mitgedacht wird?

Von Maret Nieländer an alle 05:35 PM
Zum Thema unerwünschte "Vereinnahmung" von Quellen/Themen, hier z.B. der Disclaimer auf den Seiten des DTA (https://www.deutschestextarchiv.de/, unten): "Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen."

Henning Schreiber: Rolle des Forschers näher betrachten, ist anders, als wenn Daten für alle offen zur Verfügung stehen. Forschende müssen sich an Forschungsethik halten...

  • Geht laut Bundesverfassungsgericht nicht... Man mus eine "Methode" haben (Henne)
  • Freiheit des "Unsinns" muss man aushalten, auch Holocaust Leugner muss ins Archiv dürfen oder Hitlers Mein Kampf lesen dürfen. Andere gesellschaftliche Subsysteme müssen das klären
  • Aber auch durch Anonymisierung werden Daten ja schon "zensiert"...

Nils Reichert: Was wünschen wir uns von den Forschenden?


Von Maret Nieländer an alle 05:57 PM
Zu Urheberrecht und "Big data" finde ich diesen Artikel sehr hilfreich: https://zfdg.de/2020_006

AG Datenzentren will weiter den Prozess von FDM, CARE, Ethik weiter begleiten. Aufruf, daran weiter teilzunehmen! Use Cases einreichen!



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