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idHistorischer Überblick

 

Die Kanzone ist eine Gedichtform, die vom altprovenzalischen Minnelied (cansò) abstammt und in Italien als eine der wichtigsten lyrischen Formen gilt. Die ursprünglich in der sizilianischen Schule praktizierte Canzone hat Dante aufgegriffen und mit metrischen Regeln versehen. Er selbst hat erklärt, die Kanzone sei die hervorragendste der Gedichtformen: „Cantionum modum excellentissime esse putamus". In seinem Werk De vulgari eloquentia hat er die Regeln der Kanzone zusammengestellt: er gab den endecasillabi den Vorzug vor anderen Versmaßen für die canzone, nach Dante die erhabenste der Gedichtsformen, und führte die concatenatio (chiave, verso chiave) ein.

Die canzone des Duecento war in der Formgebung freier, es wurden beispielsweise verschiedene Metren angewandt, sirmas waren häufig aufgeteilt, die Versanzahl anzahl der piedi variierte (von zwei bis sechs Versen ), es herrschte häufig eine Symmetrie zwischen piedi und volte (gleiche Versanzahl anzahl und identische Struktur), sowie eine Unregelmäßigkeit des congedo (welcher fehlen oder doppelt auftreten konnte), die Verwendung von endecasillabi war rar. Zudem war zu Beginn der Geschichte der italienischen Lyrik die concatenatio (Verbindung zwischen dem letzten Vers des zweiten piede und dem ersten Vers der sirma) eine Seltenheit. Dante war derjenige, welcher den soeben genannten Begriff prägte, sowie den Terminus combinatio (Verbindung des Paarreims der letzten zwei Verse einer stanza). Im Folgenden hat Petrarca diese Gedichtform nicht nur als Vorlage verwendet (wenn auch gelegentlich variiert), sondern er hat auch dazu beigetragen, dass diese metrischen Formen seither als mustergültig und traditionsprägend galten. Mit der Kanonisierung der Kanzone hat somit eine Wende in der Geschichte der lyrischen Gattung stattgefunden.

 

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Aufbau

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Die Kanzone besteht aus einer freien Anzahl an Strophen (stanze), meist sind es zwischen 5-10 stanze, es können aber auch mehr oder weniger sein und einer freien Anzahl an Versen (versi), gewöhnlich 13 -bis 18, wobei Dante 14 und Petrarca 13 Verse bevorzugt. Die stanze haben dieselbe Struktur, dhd. h. dieselbe Anzahl an Versen , die bestimmten Versmaßen entsprechen und immer in derselben Anordnung bzw. Reihenfolge auftreten. Die stanza lässt sich in zwei Teile gliedern: in fronte (Aufgesang) und sirma (auch sirima, deutsch: Abgesang).

Die fronte lässt sich einteilen in piedi (Stollen). Gewöhnlich sind es 2, seltener 3 piedi. Diese können verschiedene Anzahl an Versen beinhalten, die häufigste Anzahl sind 3-4 Verse , es gibt jedoch auch piedi mit 2-6 Versen . Die Anzahl und Anordnung der Verse sind in den piedi gleich. Die fronte kann jedoch auch unaufgeteilt bleiben (fronte indivisa).

Die sirma kann ebenfalls sowohl unaufgeteilt bleiben (sirma indivisa) sowie zweigeteilt werden in volte. Genau wie bei den piedi sind auch die volte in ihrem Versmaß und der Struktur identisch und können aus 2-6 Versen bestehen. Piedi und volte müssen gleich gebaut sein, die Versart muss in gleicher Zahl und Reihenfolge auftreten.

Als Verbindung zwischen piedi und volte kann ein Vers dienen (chiave, verso chiave) von Dante auch concatenatio genannt. Dieser reimt sich auf den letzten Vers der fronte (den letzten Reim des zweiten / letzten piede) und hat die Funktion, fronte und sirma zu verbinden.

Ein weiterer durch Dante theoretisch formulierter Hinweis zur Reim - und Strophenstruktur struktur der Kanzone, der im Folgenden ziemlich oft Gebrauch findet, ist die sogenannte combinatio, und zwar ein Paarreim (rima baciata) am Strophenschluss schluss.

Abschließender Bestandteil der Kanzone nach Dante ist der häufig vorzufindende congedo oder commiato (deutsch: Geleit). Der congedo kann sowohl die ganze letzte stanza, aber auch nur die sirma oder nur der Schlussteil der sirma sein. Von der Struktur her verhält er sich meist wie die sirma, er kann aber auch eine eigene autonome Form aufweisen (congedo irrazionale).

Die von Petrarca für die Kanzone festgelegten Versmaße sind der endecasillabo (Elfsilber) und der settenario (7-Silber). Von Dante wurde der Elfsilbler bevorzugt, es finden sich jedoch auch Kanzonen die ein anderes Versmaß haben (z.B. Quinario, ottonario, decasillabo) oder zwei und mehr Versmaße enthalten (canzoni eterometriche). In der italienischen Tradition (z. B. bei Petrarca) begegnet man häufig einer regelmäßigen Kombination von endecasillabi und settenari.

Besondere Phänomene zwischen stanzeBesondere Phänomene zwischen den stanze

Besondere Phänomene zwischen stanze 

Phänomene, die aus der provenzalischen Dichtung stammen und v.a. in der canzone des Duecento auftreten:

coblas capfinidas: das letzte Wort

,

des letzten

Verses,

einer stanza wird in der darauf folgenden stanza wieder aufgenommen

coblas capcaudadas: der erste

Vers

einer stanza reimt sich auf die letzte Zeile der der vorherigen stanza

coblas capdenals: alle

Strophen

beginnen mit

dem selben

demselben Wort

coblas  unissonans: die

Reime

der ersten stanza treten, in der gleichen Reihenfolge, in allen darauf folgenden stanze auf

coblas estrampas: es gibt keinen

Reim

innerhalb einer stanza, stattdessen

reimt

sich der erste

Vers

der ersten stanza mit jedem ersten

Vers

der

darauf folgenden

darauffolgenden stanze (gilt für alle

Verse

)

coblas doblas: jede zweite stanza weist den gleichen

Reim

auf

coblas singulars: das

Reimschema

bleibt in allen stanze gleich, nur der einzelne

Reim

ändert sich von stanza zu stanza (häufiger Fall)

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Beispiel

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Petrarca, Chiare, fresche et dolci acque (RVF 126) 

Chiare, fresche et dolci acque,

ove le belle membra

pose colei che sola a me par donna;

gentil ramo ove piacque

(con sospir' mi rimembra

a lei di fare al bel fianco colonna;

erba e fior' che la gonna

leggiadra ricoverse

co l'angelico seno;

aere sacro, sereno,

ove Amor co' begli occhi il cor m'aperse:

date udïenza insieme

a le dolenti mie parole estreme.

 

S'egli è pur mio destino

e 'l cielo in ciò s'adopra,

ch'Amor quest'occhi lagrimando chiuda,

qualche gratia il meschino

corpo fra voi ricopra,

e torni l'alma al proprio albergo ignuda.

La morte fia men cruda

se questa spene porto

a quel dubbioso passo:

ché lo spirito lasso

non poria mai in piú riposato porto

né in piú tranquilla fossa

fuggir la carne travagliata e l'ossa.

 

Tempo verrà ancor forse

ch'a l'usato soggiorno

torni la fera bella e mansüeta,

e là 'v'ella mi scorse

nel benedetto giorno

volga la vista disïosa e lieta,

cercandomi; e, o pietà!,

già terra in fra le pietre

vedendo, Amor l'inspiri

in guisa che sospiri

sì dolcemente che mercé m'impetre,

e faccia forza al cielo,

asciugandosi gli occhi col bel velo.

 

Da' be' rami scendea

(dolce ne la memoria)

una pioggia di fior' sovra 'l suo grembo;

ed ella si sedea

umile in tanta gloria,

coverta già de l'amoroso nembo.

Qual fior cadea sul lembo,

qual su le treccie bionde,

ch'oro forbito e perle

eran quel dí a vederle;

qual si posava in terra, e qual su l'onde;

qual con un vago errore

girando parea dir: - Qui regna Amore. –

 

Quante volte diss'io

allor pien di spavento:

Costei per fermo nacque in paradiso.

Cosí carco d'oblio

il divin portamento

e 'l volto e le parole e 'l dolce riso

m'aveano, e sí diviso

da l'imagine vera,

ch'i' dicea sospirando:

Qui come venn'io, o quando?;

credendo d'esser in ciel, non là dov'era.

Da indi in qua mi piace

quest'erba sí, ch'altrove non ò pace.

 

Se tu avessi ornamenti quant'ài voglia,

poresti arditamente

uscir del bosco, e gir in fra la gente.

 

Guido Cavalcanti, La forte e nova mia disaventura

 

La forte e nova mia disaventura
M’ha disfatto nel core
Ogni dolce pensier, ch’i avea d’amore.

Disfatto m’ha gia tanto de la vita,
Che la gentil, piacevol donna mia
Dall’anima distrutta s’e partita;
Si ch’io non veggio là, dov’ella sia:
Non è rimasa in me tanta balía
Ch’io de lo su’ valore
Possa comprender nella mente fiore.

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