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Die Frage nach dem Ursprung der ottava zählt zu den am meisten diskutierten Problemfeldern der italienischen Metrik. Die Entstehung der ottava (oder ottava rima oder auch stanza genannt) wird grundsätzlich auf Anfang des 14. Jahrhunderts datiert. Umstritten wird es aber bei der chronologischen Rekonstruktion und der morphologischen Erklärung von deren Erschaffung.

Es wird meistens angenommen, dass Boccaccio der erste war, der die ottava um 1335 in seinem Filostrato verwendete. Diese vorherrschende Meinung wird auch dadurch gestützt, dass sich keine älteren Beispiele für eine ottava mit Sicherheitvorfinden lassen. Allerdings taucht die Form der ottava auch im Cantare di Florio e Biancifiore auf, von dem nicht klar ist, wann es genau - ob schon vor oder erst nach Boccaccios Werk - geschrieben wurde. Auch wenn die Frage des tatsächlichen Ursprungs der Oktave unklar bleibt, war es jedoch Boccaccio, der die ottava nicht mehr nur in volkstümlicher Form verwendete, wie es die Sänger in den cantari taten, sondern ihr eine literarische Dignität verlieh.

Man geht davon aus, dass die ottava im Prinzip aus der Strophe einer Kanzone mit Reimschema AB AB AB in der fronte und CC in der sirma hervorgeht. In Boccaccios Filostrato lassen sich signifikanterweise eindeutige Versatzstücke aus Cino da Pistoias Liebeskanzone La dolce vista e ‘l bel guardo soave  wiederfinden. Die ersten beiden Strophen von Cinos canzone und die Strophen VII 62-63 von Boccaccios Versroman lassen besonders deutlich werden, dass Boccaccio Cinos Vorlage ins Reimschema der ottava adaptierte, denn die beiden Texte sind fast identisch. Cinos Gedicht folgt dem Reimschema ABABBccdD und weist somit Ähnlichkeiten zur ottava auf, was die Vermutung nahelegt, dass die Form daher kommt. Boccaccio schrieb auch weitere Werke in Oktavenform, Teseida und Ninfale fiesolano, wobei Ersteres im epischen Gattungsbereich und Zweiteres bei der poesia rusticale anzusiedeln sind. Gegen Mitte des 14. Jahrhunderts war die ottava eine sehr beliebte Form, die bei volkstümlichen Sängern für höfische, epische, geschichtliche und religiöse Texte breiten Einsatz fand. Häufig waren es anonyme Bänkelsänger, die im Rahmen von mündlichen Vorträgen auf die ottava zurückgriffen; auch erstklassige Poeten setzten sich aber mit dieser durchaus erfolgreichen Dichtungsform auseinander.

Im 14. und 15. Jahrhunderten wurde die ottava außerdem für religiöse Dramen (sacre rappresentazioni), wie zum Beispiel bei Feo Belcari, sowie für die favola mitologica (etwa in der Ambra von Lorenzo de‘ Medici) verwendet. Ebenfalls an dieser Stelle zu erwähnen ist Luca Pulci mit seinem Driadeo d'amore.

Erst Ende des 15. Jahrhunderts wurde die ottava als lyrisches Metrum eingesetzt, insbesondere in Polizianos Stanze per la giostra. Zugleich wurde aber die ottava zur Hauptform der narrativen Dichtung (insbesondere in den sogenannten poemi epico-cavallereschi). Unter den Großwerken der italienischen Ritterepik, die in den letzten Jahrzehnten des 15. Jahrhunderts in Oktaven verfasst wurden, sind vor allem Boiardos Orlando innamorato und Pulcis Morgante zu nennen. Im 16. Jahrhundert avancierten dann Ariosto (Orlando furioso) und Tasso (Gerusalemme liberata) zu den beiden berühmtesten Vertretern dieser Gattung.

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Aufbau

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Die ottava ist eine achtzeilige Strophe von Elfsilblern, die nach dem Reimschema ABABABCC aufgebaut ist. Dabei wird die sestina (gelegentlich auch fronte oder testa dell'ottava) durch einen dreifachen Kreuzreim (ABABAB), das Schlussdistichon (auch sirma bzw. coda dell'ottava) hingegen durch einen Paarreim (CC) strukturiert. Oktavendichtungen bestehen aus einer beliebigen Anzahl von aneinandergereihten Strophen, die aber in kleinere Abschnitte (canti, cantari oder libri) unterteilt werden können. Das Reimschema der ottava ist ‘geschlossen‘, die einzelnen Strophen sind also nicht miteinander verbunden. Oft findet sich die Form der ottava auch im oder rispetto wieder.

Von dieser Oktavenform (ottava toscana oder ottava schlechthin), die in der italienischen Literatur am häufigsten vorkommt, muss die ottava siciliana unterschieden werden, bei der alle Verse demselben alternierenden Reimschema folgen (ABABABAB).

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Beispiel

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Angelo Polizano, Stanze per la giostra (Buch I, Oktaven 25-26):

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Zefiro già, di be’ fioretti adorno,
avea de’ monti tolta ogni pruina;
avea fatto al suo nido già ritorno
la stanca rondinella peregrina;
risonava la selva intorno intorno
soavemente all’ôra mattutina;
e la ingegnosa pecchia al primo albore
giva predando ora uno or altro fiore.

L’ardito Iulio, al giorno ancora acerbo,
allor ch’al tufo torna la civetta,
fatto frenare il corridor superbo,
verso la selva con sua gente eletta
prese el cammino (e sotto buon riserbo
seguia de’ fedel can' la schiera stretta),
di ciò che fa mestieri a caccia adorni,
con archi e lacci e spiedi e dardi e corni.

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ANGELO POLIZIANO: Stanze. Fabula di Orfeo. Hg. von Stefano Carrai. Milano: Ugo Mursia, 1988, S. 51-52.

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BALDUINO, A.: Introduzione. In: ders. (Hrsg.): Cantari del Trecento. Milano: Marzorati, 1970, S. 5-21.

BALDUINO, A.: ,Pater semper incertus‘. Ancora sulle origini dell’ottava rima. In: "Metrica" 2 (1984), S. 283-390.

BATTAGLIA RICCI, L.: Boccaccio. Roma: Salerno, 2000, S. 91-95.

CALITTI, F.: Fra lirica e narrativa. Storia dell’ottava rima nel Rinascimento. Firenze: Le Càriti Editore, 2004.

DIONISOTTI, C.: Appunti su antichi testi. In: "Italia Medioevale e Umanistica" 7 (1964), S. 99-131.

GORNI, G.: Un’ipotesi sull’origine dell’ottava rima. In: "Metrica" 1 (1978), S. 79-84.

GORNI, G.: Metrica e analisi letteraria. Bologna: Il Mulino, 1993.

LIMENTANI, A.: Struttura e storia dell'ottava rima. In: "Lettere italiane" 13 (1961), S. 20-77.

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RONCAGLIA, A.: Per una storia dell’ottava rima. In: "Cultura Neolatina" 25 (1965), S. 5-14.

 

 

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Beispiel

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Angelo Polizano, Stanze per la giostra (Buch I, Oktaven 25-26):

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Zefiro già, di be’ fioretti adorno,
avea de’ monti tolta ogni pruina;
avea fatto al suo nido già ritorno
la stanca rondinella peregrina;
risonava la selva intorno intorno
soavemente all’ôra mattutina;
e la ingegnosa pecchia al primo albore
giva predando ora uno or altro fiore.

L’ardito Iulio, al giorno ancora acerbo,
allor ch’al tufo torna la civetta,
fatto frenare il corridor superbo,
verso la selva con sua gente eletta
prese el cammino (e sotto buon riserbo
seguia de’ fedel can' la schiera stretta),
di ciò che fa mestieri a caccia adorni,
con archi e lacci e spiedi e dardi e corni.

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ANGELO POLIZIANO: Stanze. Fabula di Orfeo. Hg. von Stefano Carrai. Milano: Ugo Mursia, 1988, S. 51-52.

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