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Bei der canzone handelt es sich um eine metrische Form provenzalischen Ursprungs, die aus mehreren metrisch gleich gebauten stanze und aus einem abschließenden congedo congedo besteht.

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Canzone
Canzone

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idHistorischer Überblick

Die Kanzone ist eine Gedichtform, die vom altprovenzalischen Minnelied (cansò) abstammt und in Italien als eine der wichtigsten lyrischen Formen gilt. Die ursprünglich in der sizilianischen Schule praktizierte canzone hat Dante aufgegriffen und mit metrischen Regeln versehen. Er selbst hat erklärt, die Kanzone sei die hervorragendste der Gedichtformen: „Cantionum modum excellentissimum esse putamus". In seinem Werk De vulgari eloquentia hat er die Regeln der Kanzone zusammengestellt: Er gab den endecasillabi den Vorzug vor anderen Versmaßen für die canzone, nach Dante die erhabenste der Gedichtformen, und führte die concatenatio (chiave, verso chiave) ein.

Die canzone des Duecento war in der Formgebung freier, es wurden beispielsweise verschiedene Metren angewandt, sirmas waren häufig aufgeteilt, die Versanzahl der piedi variierte (von zwei bis sechs Versen), es herrschte häufig eine Symmetrie zwischen piedi und volte (gleiche Versanzahl und identische Struktur), sowie eine Unregelmäßigkeit des congedo (welcher fehlen oder doppelt auftreten konnte), die Verwendung von endecasillabi war rar. Zudem war zu Beginn der Geschichte der italienischen Lyrik die concatenatio (Verbindung zwischen dem letzten Vers des zweiten piede und dem ersten Vers der sirma) eine Seltenheit. Dante war derjenige, welcher den soeben genannten Begriff prägte, sowie den Terminus combinatio (Verbindung des Paarreims der letzten zwei Verse einer stanza). Im Folgenden hat Petrarca eine bestimmte Form der canzone kanonisiert (z.B. breitere Verwendung des settenario, eine rigidere Struktur der stanze usw.) und somit dazu beigetragen, dass diese metrischen Formen seither als mustergültig und traditionsprägend galten (canzone petrarchesca). Mit der Kanonisierung der Kanzone hat somit eine Wende in der Geschichte der lyrischen Gattung stattgefunden.

 

Sandro Botticelli, Porträt von Dante Alighieri, 1495 - Genf, Privatsammlung - aus Wikipedia, Lizenz Creative Commons

 

Joos van Wassenhove (Justus van Gent), Porträt von Francesco Petrarca als poeta laureatus, 15. Jh. - Urbino, Galleria Nazionale delle Marche - aus Wikipedia,  Lizenz Creative Commons

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Aufbau

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Die Kanzone besteht aus einer freien Anzahl an Strophen (stanze), meist sind es zwischen 5-10 stanze, es können aber auch mehr oder weniger sein und einer freien Anzahl an (versi), gewöhnlich 13 bis 18, wobei Dante 14 und Petrarca 13 Verse bevorzugt. Die stanze haben dieselbe Struktur, d. h. dieselbe Anzahl an Versen, die bestimmten Versmaßen entsprechen und immer dasselbe Reimschema haben. Die stanza lässt sich in zwei Teile gliedern: in fronte (Aufgesang) und sirma (auch sirima, deutsch: Abgesang).

Die fronte lässt sich einteilen in piedi (Stollen). Gewöhnlich sind es 2, seltener 3 piedi. Diese können verschiedene Anzahl an Versen beinhalten, die häufigste Anzahl sind 3-4 Verse, es gibt jedoch auch piedi mit 2-6 Versen. Die Anzahl und die Länge der Verse sind in den piedi gleich (das Reimschema dagegen muss nicht gleich sein): zwei piedi sollten somit diesselbe formula sillabica haben. Die fronte kann jedoch auch unaufgeteilt bleiben (fronte indivisa).

Die sirma kann ebenfalls sowohl unaufgeteilt bleiben (sirma indivisa) sowie zweigeteilt werden in volte. Genau wie bei den piedi sind auch die volte in ihrem Versmaß und der Struktur identisch und können aus 2-6 Versen bestehen. Piedi und volte müssen gleich gebaut sein, die Versart muss in gleicher Zahl und Reihenfolge auftreten.

Als Verbindung zwischen piedi und volte kann ein Vers dienen (chiave, verso chiave) von Dante auch concatenatio genannt. Dieser reimt sich auf den letzten Vers der fronte (den letzten Reim des zweiten / letzten piede) und hat die Funktion, fronte und sirma zu verbinden.

Ein weiterer durch Dante theoretisch formulierter Hinweis zur Reim- und Strophenstruktur der Kanzone, der im Folgenden ziemlich oft Gebrauch findet, ist die sogenannte combinatio, und zwar ein Paarreim (rima baciata) am Strophenschluss.

Abschließender Bestandteil der Kanzone nach Dante ist der häufig vorzufindende congedo oder commiato (deutsch: Geleit). Der congedo kann sowohl die ganze letzte stanza, aber auch nur die sirma oder nur der Schlussteil der sirma sein. Von der Struktur her verhält er sich meist wie die sirma, er kann aber auch eine eigene autonome Form aufweisen (congedo irrazionale).

Die von Petrarca für die Kanzone festgelegten Versmaße sind der endecasillabo (Elfsilbler) und der settenario (Siebensilbler). Von Dante wurde der Elfsilbler bevorzugt (er verwendet jedoch auch den settenario und den quinario); im Duecento finden es sich dagegen auch Kanzonen die ein anderes Versmaß haben (z.B. Quinario, ottonario, decasillabo) oder zwei und mehr Versmaße enthalten (canzoni eterometriche). In der italienischen Tradition (z. B. bei Petrarca) begegnet man häufig einer regelmäßigen Kombination von endecasillabi und settenari.

Besondere Phänomene zwischen stanzeBesondere Phänomene

Besondere Phänomene zwischen stanzeCoblas

Phänomene, die aus der provenzalischen Dichtung stammen und v.a. in der canzone des Duecento auftreten:

coblas capfinidas: ein Wort oder ein Ausdruck des letzten Verses einer stanza wird im ersten Vers der darauffolgenden stanza wiederaufgenommen

coblas capcaudadas: der erste Vers einer stanza reimt sich auf die letzte Zeile der der vorherigen stanza

coblas capdenals: alle Strophen beginnen mit demselben Wort

coblas  unissonans: die Reime der ersten stanza treten, in der gleichen Reihenfolge, in allen darauffolgenden stanze auf

coblas estrampas: es gibt keinen Reim innerhalb einer stanza, stattdessen reimt sich der erste Vers der ersten stanza mit jedem ersten Vers der darauffolgenden stanze (gilt für alle Verse)

coblas doblas: jede zweite stanza weist den gleichen Reim auf

coblas singulars: das Reimschema bleibt in allen stanze gleich, nur der einzelne Reim ändert sich von stanza zu stanza (häufiger Fall)

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Beispiel

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Francesco Petrarca, Chiare, fresche et dolci acque, Rerum vulgarium fragmenta CXXVI

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Chiare, fresche et dolci acque,
ove le belle membra
pose colei che sola a me par donna;
gentil ramo ove piacque
(con sospir’ mi rimembra)
a lei di fare al bel fiancho colonna;
herba et fior’ che la gonna
leggiadra ricoverse
co l’angelico seno;
aere sacro, sereno,
ove Amor co’ begli occhi il cor m’aperse:
date udïenza insieme
a le dolenti mie parole extreme.

S’egli è pur mio destino,
e ’l cielo in ciò s’adopra,
ch’Amor quest’occhi lagrimando chiuda,
qualche gratia il meschino
corpo fra voi ricopra,
et torni l’alma al proprio albergo ignuda.
La morte fia men cruda
se questa spene porto
a quel dubbioso passo;
ché lo spirito lasso
non poria mai in più riposato porto
né in più tranquilla fossa
fuggir la carne travagliata et l’ossa.

Tempo verrà anchor forse
ch’a l’usato soggiorno
torni la fera bella et mansüeta,
et là ’v’ella mi scorse
nel benedetto giorno,
volga la vista disïosa et lieta,
cercandomi; et, o pieta!,
già terra in fra le pietre
vedendo, Amor l’inspiri
in guisa che sospiri
sí dolcemente che mercé m’impetre,
et faccia forza al cielo,
asciugandosi gli occhi col bel velo.

Da’ be’ rami scendea
(dolce ne la memoria)
una pioggia di fior’ sovra ’l suo grembo;
et ella si sedea
humile in tanta gloria,
coverta già de l’amoroso nembo.
Qual fior cadea sul lembo,
qual su le treccie bionde,
ch’oro forbito et perle
eran quel dì, a vederle;
qual si posava in terra, et qual su l’onde;
qual, con un vago errore
girando, parea dir: Qui regna Amore.

Quante volte diss’io
allor pien di spavento:
Costei per fermo nacque in paradiso.
Così carco d’oblio
il divin portamento
e ’l volto e le parole e ’l dolce riso
m’aveano, et sì diviso
da l’imagine vera,
ch’i’ dicea sospirando:
Qui come venn’io, o quando?;
credendo esser in ciel, non là dov’era.
Da indi in qua mi piace
questa herba sì, ch’altrove non ò pace.

Se tu avessi ornamenti quant’ài voglia,
poresti arditamente
uscir del boscho et gir in fra la gente.

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a
b
C
a
b
C
c
d
e
e
D
f
F

Fronte: primo piede


Secondo piede


Concatenatio: Beginn der sirma


 



 




 



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FRANCESCO PETRARCA: Canzoniere. Hg. von Marco Santagata, Milano: Mondadori, 1996, S. 190-193.

Sandro Botticelli, La nascita di venere, 1486 - Florenz, Uffizi - aus Wikipedia, Lizenz Creative Commons

 

Erfahren Sie mehr darüber!

Im Wiki-Bereich finden Sie eine Einzellektüre von Petrarcas RVF 126. 


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