- Erstellt von Rosa Lia Gottwald, zuletzt geändert von Alessandra Origgi am 09.10.2017
Diese Analyse wurde im Rahmen des Kurses "Liebeslyrik der Renaissance und des Barock" von Luca Darena Marron verfasst.
Text
Gabriello Chiabrera, Scherzi II · XL (5)
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Belle rose porporine,
che tra spine
sull’aurora non aprite;
ma, ministre degli Amori
bei tesori
di bei denti custodite.
Dite, rose prezïose,
amorose,
dite, ond’è che s’io m’affiso
nel bel guardo vivo ardente,
voi repente
disciogliete un bel soriso?
È ciò forse per aita
di mia vita,
che non regge a le vostr’ire?
O pur è, perché voi siete
tutte liete
me mirando in sul morire?
Belle rose, o feritate,
o pietate
del sì far la cagion sia,
io vo’ dire in novi modi
vostre lodi;
ma ridete tuttavia.
Se bel rio, se bella auretta
tra l’erbetta
sul mattin mormorando erra,
se di fiori un praticello
si fa bello,
noi diciam, ride la terra.
Quando avvien, ch'un zeffiretto
per diletto
bagni il pie' ne l’onde chiare,
sì che l’acqua su l’arena
scherzi a pena,
noi diciam, che ride il mare.
Se giammai tra fior vermigli,
se tra gigli
veste l’alba un aureo velo,
e su rote di zaffiro
move in giro,
noi diciam, che ride il cielo.
Ben è ver, quando è giocondo
ride il mondo,
ride il ciel quando è gioioso:
ben è ver; ma non san poi
come voi
fare un riso grazioso.
a
a
b
c
c
b
GABRIELLO CHIABRERA: Maniere, Scherzi e Canzonette morali. Hg. von Giulia Raboni, Parma: Fondazione Pietro Bembo / Ugo Guanda, 1998, S. 171-174.
Einleitung
Das Gedicht Belle rose porporine von Gabriello Chiabrera stammt aus dem Band Maniere, scherzi e canzonette morali. Es handelt sich um das XL (5.) aus dem Bereich Scherzi II. In dem genannten Band fasste Chiabrera 1599 alle seine bisherigen lyrischen Werke zusammen.[1]
Die durch Chiabrera ins Leben gerufene canzonetta besteht aus Kurzstrophen, in dem vorliegenden Gedicht zu je sechs Versen, und enthält kein festes Vermaß oder Gliederungsschema. Dank der Kurzstrophen, deren Kurzverse sowie der rime tronche und sdrucciole steht in einer canzonetta vor allem der Rhythmus im Vordergrund.[2] Unter dem Einfluss der Pléiade, eine Gruppe französischer Dichter im 16. Jh., formte Gabriello Chiabrera eine neue Form der Dichtung[3] und revolutionierte gleichzeitig die Musikgeschichte mit seinen singbaren Texten.
Textanalyse
Das Gedicht Belle rose porporine ist ein Paradebeispiel für eine canzonetta. Es gliedert sich in acht Strophen zu je sechs Versen, davon sind vier achtsilbig und zwei viersilbig; jeweils der zweite und vierte Vers einer Strophe. Das Reimschema lässt sich mit der Form AABCCB, in jeder Strophe, darstellen. Als Thema wird die Liebe zu einer Frau beschrieben und dank der beinahe schon fanatischen Hingabe des lyrischen Ichs zur Malerei sowie zur Natur wird die Geliebte immer wieder mit der Schönheit der Natur[1] in Verbindung gebracht.
Die erste Strophe wird mit einer Metapher („Belle rose“) begonnen (V. 1), die die Lippen der geliebten Frau beschreiben soll. Diese jedoch lassen sich nicht wie Rosen bei der Morgenröte öffnen, denn sie verschließen und bewachen eher ihre schönen Zähne, wie ein Tresor. Hier liegt auch eine Anapher („bei“, V. 5 u. 6) vor, das Wort „schön“ zählt eher zu den einfacheren Wörtern.
In der zweiten Strophe befindet sich – ebenfalls zum Anfang hin – eine Anapher („dite”, V. 1 u. 3). Diese Anapher betont den Vorgang, dass das lyrische Ich die Lippen der Geliebten direkt anspricht. Es fragt sich, mit welchem Recht es die leidenschaftlichen Blicke der Geliebten erhalten darf. Statt zu antworten, fängt die Geliebte jedoch an zu lächeln.
In der folgenden Strophe vermutet das lyrische Ich, dass die Geliebte nur lächelt, um das Leben des lyrischen Ichs vor dem Zorn und der Wut der Geliebten zu schützen oder weil sie glücklich ist, dass er gerade dabei ist, aufgrund der Liebe zu sterben.
In der vierten Strophe erfährt man, dass die Lippen der Geliebten grausam oder barmherzig sein können, denn dies sei die Art und Weise der Geliebten, so die Worte des lyrischen Ichs. Es verrät uns ebenfalls, dass es gerne lobend über die Geliebte singen möchte, jedoch diese währenddessen zu lachen beginnt. In derselben Strophe findet man auch eine Antithese („o feritate, o pietate“, V. 1 u. 2). Es handelt sich dabei um eine Antithese, da eine unverbundene Zusammenstellung entgegen gesetzter Begriffe – hier Grausamkeit und Barmherzigkeit – sich gegenübersteht. Unter Grausamkeit versteht man in dem Gedicht zum Beispiel die Freude, die die Geliebte anscheinend empfindet, wenn das lyrische Ich ihren Blick als leidenschaftlich empfängt (Str. 2) oder dass die Geliebte glücklich zu sein scheint, wenn das lyrische Ich aufgrund der Liebe zu sterben droht (Str. 3). Unter Barmherzigkeit versteht man hier unter anderem das Mitleid, was die Geliebte zu haben scheint, schließlich hört sie sich das Anliegen und die Bemühungen des lyrischen Ichs an.
Die dann folgenden Strophen bilden strukturell und thematisch eine Einheit, die sich anhand natürlicher Vergleiche und einiger rhetorischer Stilmittel erkennen lassen.
Vom Zusammenspiel eines schwachen Windhauchs am Morgen zwischen den Gräsern und einer Weide, sowie der Blumen auf der Weide, die sie verschönern, spielt die fünfte Strophe. Auch wird vom lyrischen Ich behauptet, dass aufgrund des Zusammenspiels die Erde lacht („ride la terra“ V. 5).
In der sechsten Strophe wird beschrieben, dass, sobald ein zarter Windhauch vorhanden ist, die Geliebte ihre Füße in den klaren Wellen des Baches badet. Das durch die Füße aufgewirbelte Wasser wiederum spielt dann mit dem Sand und infolgedessen sagt man, dass das Meer lacht („ride il mare“ V. 6).
Die siebte Strophe handelt vom Spiel der Farben, das die Natur zu bieten hat. Wenn also manchmal ein goldener Schleier zwischen den roten und weißen Farben eines Sonnenaufgangs zu sehen ist und man nach oben in den verfärben Himmel guckt, sagt man, dass der Himmel lacht („ride il cielo“ V. 7).
Da das „ride“ (V. 6) hier nun zum dritten Mal auftaucht, und zwar stets im letzten Vers der letzten drei Strophen (Str. 5 V. 6, Str. 6 V. 6 und Str. 7 V. 6), bezeichnet man dies als Epipher, eine Wiederholung von Wortgruppen am Ende aufeinander folgender Verse.
In der achten und letzten Strophe erzählt das lyrische Ich, dass es der Wahrheit entspricht zu sagen, dass wenn man fröhlich ist, die Welt lacht – und da der Himmel lacht, muss auch dieser fröhlich sein. Zusätzlich zu der erneuten Bestärkung, dass dies die Wahrheit sei, behauptet das lyrische Ich, dass die Welt nicht wisse, wie man so graziös wie die Geliebte lachen kann („come voi, fare un riso grazioso“, V. 5 u. 6). Darüber hinaus findet man in der achten Strophe einen Chiasmus, eine spiegelbildliche Anordnung oder auch Überkreuzstellung zweier einander zugeordneter Satzglieder, „ben è ver, quando è giocondo“ (V. 1) und „ride il ciel quando è gioioso“ (V. 3), sowie eine Anapher, eine Wiederholung einer Wortgruppe am Anfang der Verse, „ben è ver“ (V. 1 und 3) und einen Parallelismus, eine Gleichordnung mehrerer aufeinander folgender Satzteile, „ride il mondo“ (V. 2) und „ride il ciel“ (V. 3). Das Wort „mondo“ (V. 2) ist eine Zusammenfassung der vorherigen „ride“ geworden, denn in den Strophen davor lacht die Erde, lacht das Meer und lacht der Himmel, was zusammengefasst als Welt zählt.
Das Gedicht an sich befasst sich mit zwei Isotopieebenen, die der Liebe und die der Natur. Die Isotopieebene der Liebe findet man immer wieder in den Strophen eins, zwei, drei, vier und acht wieder. In diesen Strophen steht die Liebe bzw. die Geliebte im Vordergrund. Einige Beispiele für die genannte Isotopieebene sind die Bezeichnungen: „belle rose porporine“ (Str. 1 V.1), „ministre de gli Amori“ (Str. 1 V. 4) und „amorose“ (Str. 2 V. 2). Die zweite Isotopieebene, die der Natur, findet man in den Strophen fünf, sechs und sieben unter der Behandlung der Natur. Auch hier ein paar Beispiele für diese Isotopieebene: „auretta“ (Str. 5 V. 1), „un zeffiretto“ (Str. 6 V. 1), „l'acqua“ (Str. 6 V. 4) und „gigli“ (Str. 7 V. 2). Ferner ist zu erwähnen, dass die beiden Isotopieebenen ineinander verwickelt sind, da die Geliebte durch natürliche Metaphern beschrieben wird, wie zum Beispiel mit dem Ausdruck „belle rose porporine“ (Str. 1 V. 1). Auffällig ist außerdem, typisch für eine canzonetta, eine starke Neigung zur Musik, welche deutlich wird in einem Versmaß, in dem der Rhythmus im Vordergrund steht: 4- und 8-Silbler. Dies ist vor allem dank des einfachen Wortschatzes gut durchzusetzen, das Singen des Gedichts wird so leichter.
Schlussbetrachtung
Zusammenfassend kann man sagen, dass es sich um ein sehr bewegtes und musikalisches Gedicht handelt. Zu erwähnen ist außerdem, dass das behandelte Gedicht zu den bekanntesten Werken Chiabreras zählt.[1]
[1] Neri, S. 52.
Bibliografie
P r i m ä r l i t e r a t u r
CHIABRERA, Gabriello, Maniere, scherzi e canzonette morali, Mailand 1998.
S e k u n d ä r l i t e r a t u r
NERI, Ferdinando, Il Chiabrera e la Pléiade francese, Turin 1920.
CERISOLA, Pier Luigi, L‘arte dello stile: poesia e letterarietà in Gabriello Chiabrera, Mailand 1990.
MANNUCCI, Francesco Luigi, La lirica di Gabriello Chiabrera, Neapel 1925.
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